Bei der Schmalspurbahn gibt es genug Personal. Im Harz ist man darauf neidisch – und holte sich Rat im Zittauer Gebirge.
Zittauer Gebirge. Ohne Männer wie Ronny Nerger dreht sich nichts bei der Zittauer Schmalspurbahn. Körperlich schwere Arbeit, Dreck und extreme Hitze gehören zu ihrem Job. Und der 32-Jährige ist nicht nur Heizer auf einer Dampflok, sondern auch Lokführer und der leitende Schlosser in der Lokwerkstatt. Ronny Nerger liebt seinen Beruf. Er kann sich für sich auch nichts anderes vorstellen. Schon sein Vater war Lokführer.
Etwas neidisch sind vor wenigen Tagen seine Fahrgäste aus dem Harz gewesen. Denn die Harzer Schmalspurbahnen (HSB) GmbH hat ein Heizer-Problem. Fünf bis sechs Heizer fehlen. Deswegen musste schon Schienenersatzverkehr eingesetzt werden. Und das immerhin auf 23 Prozent des Streckennetzes. Ihre diesjährige Geschäftsreise zu einem anderen Schmalspurbahnunternehmen hat die HSB deshalb ganz bewusst zur Sächsisch-Oberlausitzer Eisenbahngesellschaft (Soeg) nach Zittau gewählt. Das Oberlausitzer Bahnunternehmen kann seit Jahren auf stetig wachsende Fahrgastzahlen verweisen.
HSB-Geschäftsführer Matthias Wagener, seine Aufsichtsräte und der Landrat des Landkreises Nordhausen, Matthias Jendricke sind beeindruckt von dem, was das kleinere Bahnunternehmen Soeg alles auf die Beine stellt. Nicht nur die Themenzüge und die Vernetzung des Unternehmens in der Region finden dabei Anerkennung. „Wir nutzen solche Exkursionen mit unserem Aufsichtsrat, um mal über den Tellerrand des Harzes hinauszuschauen“, sagt der HSB-Geschäftsführer. Beide Schmalspurbahn-Unternehmen sind nicht 1:1 miteinander vergleichbar. Die Harzer Schmalspurbahnen betreiben mit 140 Kilometern ein wesentlich längeres Schienennetz. Die HSG macht immerhin rund 13 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Von den rund eine Million Fahrgästen im Jahr nutzen allein 633000 die attraktivste Strecke – die Brockenbahn. Das wiederum ist aber auch ein Problem. Denn die Tour auf den über 1100 Meter hohen Brocken ist sehr kostenintensiv. „Ich bin froh, dass wir nicht auf so einen hohen Berg fahren müssen“ , gesteht Ingo Neidhardt.
Dennoch kann die Harzer Schmalspurbahnen GmbH vom Arbeitsbesuch bei der Soeg einige Anregungen mitnehmen. Auf dem Gelände am Zittauer Hauptbahnhof erweitert die Soeg gerade ihre Zittauer Lokwerkstatt. Der etwa eine Million Euro teure Neubau wird mit 75 Prozent vom Freistaat Sachsen gefördert. Zudem gibt der Zweckverband Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien (Zvon) noch 15 Prozent dazu. Der Selbstbeteiligungsanteil der Soeg beträgt dennoch 100000 Euro. Für die Zittauer Schmalspurbahn bringt der Neubau einen großen ökonomischen Vorteil, berichtet Ingo Neidhardt. Denn die Werkstattpreise sind in den letzten Jahren stark angestiegen. Für einige turnusmäßige Untersuchungen haben sie sich fast verdoppelt.
„Wir haben mit 25 Dampfloks zwar wesentlich mehr als die Soeg hier, aber die Themen, um Kosten einzusparen, sind oftmals überall die gleichen“, sagt HSB-Geschäftsführer Matthias Wagener. Auch die HSB will jetzt für sich eine Lokwerkstatt bauen. Und das Problem mit den fehlenden Dampflokheizern hat die Harzer Schmalspurbahnen GmbH inzwischen lösen können. Die fünf bis sechs fehlenden Heizer sind gefunden. „Wir suchen ja keine reinen Berufsheizer, sondern Leute, die auch als Lokführer einsetzbar sind“, schildert Matthias Wagener. Und solche Mitarbeiter sind eher zu finden.
Für Ronny Nerger sind bei der Zittauer Schmalspurbahn jedenfalls Dampflokheizer und -lokführer längst keine aussterbenden Berufe. „Wir haben sogar einen Heizer und einen Lokführer in Reserve, was uns wiederum sehr im Schichtdienst hilft“, sagt Soeg-Geschäftsführer Ingo Neidhardt. Aber die leiht die Soeg natürlich nicht in den Harz aus.